Rechtsprechung

Ärzte, Thema: Haftung, Verjährung: BGH, Urteil vom 08.11.2016 - VI ZR 594/15

Branche: Ärzte

Der BGH betonte in dieser Entscheidung, dass die auf Aufklärungsfehler gestützten Ansprüche zu einem anderen Zeitpunkt verjähren können als Ansprüche aus Behandlungsfehlern.

Der Kläger erlitt nach einer vaginal-operativen Entbindung aufgrund einer Schulterdystokie eine linksseitige Lähmung des Armes und einen Schlüsselbeinbruch. Die Mutter des Klägers hatte drei Jahre nach dessen Geburt ein Gedächtnisprotokoll angefertigt und darin gerügt, dass eine Risikoaufklärung unterblieben und ihr kein Kaiserschnitt angeboten worden sei.

Die höchste Instanz verwies auf die ständige Rechtsprechung, wonach die Verjährungsfrist dann zu laufen beginnt, wenn dem Geschädigten aufgrund seines Kenntnisstandes die Erhebung einer Schadensersatzklage zumutbar ist. Das Bestreiten der Aufklärung war dem BGH zufolge hierfür ausreichend. Auf eine noch fehlende Seite des Geburtsprotokolls kam es demgegenüber nicht an, weil der Verjährungsbeginn nicht das Vorhandensein aller Beweismittel voraussetzt.

Hinsichtlich des vorgeworfenen Behandlungsfehlers stellte der BGH aber klar, dass dem Geschädigten als medizinischen Laien ein schuldhaftes Fehlverhalten seitens der behandelnden Ärzte bekannt sein müsse. Der negative Ausgang einer ärztlichen Behandlung reiche hierfür nicht aus. Allerdings werde dem Kläger der Kenntnisstand seines Rechtsanwaltes als Wissensvertreter zugerechnet. Bisher hatte das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Prozessbevollmächtigten bereits im Jahr 2006 Kenntnis bzw. grobfahrlässige Unkenntnis von ärztlichen Behandlungsfehlern hatten.

Abschließend äußerte sich der BGH noch zu den Voraussetzungen der Beendigung der Hemmung der Verjährung durch Abbruch der Verhandlungen. An das Ende von Verhandlungen sei zwar ein strenger Maßstab zu legen. Der BGH forderte ein klares und eindeutiges Verhalten. Entscheidend sei aber der objektive Empfängerhorizont. Lehnt die hinter dem Krankenhaus und den Ärzten stehende Haftpflichtversicherung die Haftung nach interner Prüfung ab und bedauert diese Mitteilung, liegt dem BGH zufolge ein eindeutiger Abbruch der Verhandlungen vor.

Vorinstanz: OLG Koblenz, Urteil vom 23.09.2015 – 5 U 403/15; LG Koblenz, Urteil vom 11.03.2015 – 10 O 103/10